Zerebrovaskulären Erkrankungen

Unter Zerebrovaskulären Erkrankungen versteht man unterschiedliche Gefäßerkrankungen des Hirns. Die häufigste Erkrankung ist das Aneurysma, gefolgt von Cavernomen (cavernösen Hämangiomen), Angiomen (arteriovenöse Malformationen, kurz: AVM) und arteriovenösen Fisteln (Kurz: AVF). Allen diesen Gefäßprozessen gemein ist, dass sie eine Hirnblutung verursachen können und im Einzelfall dann zu einer lebensgefährlichen Erkrankung werden können. Das Risiko einer entsprechenden Blutung ist allerdings jeweils sehr unterschiedlich. Seltener können diese Läsionen auch im oder um das Rückenmark herum auftreten. Dann nennt man diese Erkrankung zum Beispiel spinales AVM oder spinales Kavernom. Die genannten Hirngefäßerkrankungen werden in der Regel durch eine sehr enge Kooperation zwischen der Neurochirurgie und der Interventionellen Neuroradiologie durchgeführt. Eine entsprechende interdisziplinäre Besprechung von betroffenen Patienten erfolgt in unserer Klinik an jedem Arbeitstag. Ebenfalls täglich findet eine Spezialsprechstunde für betroffenen Patienten mit diesen Erkrankungen statt.

Im Folgenden stellen wir Ihnen die unterschiedlichen Prozesse einzeln vor:

Unter Aneurysmata der Hirnarterien versteht man Gefäßaussackungen, die sich in der Regel an Aufzweigungsstellen der Gefässe innerhalb des Gehirns befinden. Wenn diese Aneurysmata rupturieren, kommt es in der Regel zu einer sogenannten Subarachnoidalblutung (kurz SAB genannt). Diese Subarachnoidalblutung bedeutet in jedem Fall eine lebensbedrohliche Situation.

Wenn ein Aneurysma tatsächlich blutet, kommt es in der Regel zur sogenannten Subarachnoidalblutung (SAB). Diese ist lebensgefährlich und bedingt den sofortigen Transport des betroffenen Patienten in ein Medizinisches Zentrum, das in der Lage ist, das rupturierte Aneurysma zu behandeln. Bei der Behandlung kommen neben einem Ausfüllen des Aneurysmas mit z. B. Platinspiralen (dem sogenannten Coiling) auch weitere mögliche Methoden, wie z. B. das Stenting zur Anwendung, bei dem die Behandlung ähnlich wie bei einer Angiographie der Herzkranzgefäße über einen Zugang in einer der Leisten des betroffenen Patienten erreicht werden kann. Etwa in der Hälfte der Fälle ist allerdings ein solcher Verschluss eines entsprechenden Aneurysmas nicht möglich, weshalb in diesen Fällen dann eine Operation erfolgen muss, bei der das Aneurysma von außen mit einem Clip im Aneurysmahals verschlossen wird. Da es sehr regelmäßig nach einer SAB zu Gefäßverengungen (sogenannten Gefäßspasmen) innerhalb der ersten 14 Tage kommen kann, sind die Patienten auf eine durchgehende Überwachung auf einer spezialisierten Intensivstation angewiesen. Die Universitätsklinik in Essen ist auf diese Behandlung spezialisiert.

Die Subarachnoidalblutung

In der Universitätsklinik Essen werden jährlich etwa 200 Patienten mit cerebralen Aneurysmen behandelt, hiervon werden etwa 55% mittels Coilembolisation behandelt und 45% mittels mikrochirurgischem Clipping.

Bei Angiomen (Synonym: arteriovenöse Malformationen) handelt es sich um eine in der Regel sehr stark mit arteriellem Blut durchflossene Fehlbildungen, die zahlreiche krankhafte Gefäße (den sogenannten Gefäßnidus) im Gehirn speist. Etwa 45% der Patienten, bei denen eine solche Malformation diagnostiziert wird, haben als erste klinische Manifestation eine Hirnblutung. In der Regel ist nach einer Blutung eine Behandlung der arteriovenösen Malformation sinnvoll und notwendig. Insbesondere bei Patienten, deren Angiom nicht aufgrund einer Blutung diagnostiziert worden ist, ist die Behandlungsindikation allerdings häufig sehr kritisch zu stellen. Das heißt, dass in der Regel bei Patienten, die keine Blutung erlitten haben, keine Behandlungsindikation besteht. Ausnahmen hiervon sind sehr junge Patienten und Patienten mit günstig gelegenen Angiomen, die mit geringem Risiko für die betroffenen Patienten behandelt werden können.

Behandlung

Wenn eine Behandlungsindikation für einen Patienten gestellt worden ist, gibt es insgesamt 3 Behandlungsmöglichkeiten. Neben einer neurochirurgischen Operation kann ein Angiom auch durch Verkleben über einen Zugang aus der Leiste, ähnlich wie bei einer Gefäßdarstellung der Herzkranzgefäße, durchgeführt werden. Weiterhin gibt es die Option, ein Angiom mit einer gezielten Strahlentherapie zu behandeln. Vorteil der Operation ist, dass das Angiom in der Regel nach einer Operation komplett ausgeschaltet ist. Eine komplette Ausschaltung mittels Verkleben ist eher selten möglich. Bei einer Bestrahlungsbehandlung kommt es ebenfalls bei vielen Patienten nicht zu einem kompletten Verschluss des Angioms. Weiterhin verschließen sich die Gefäße nach einer Bestrahlung häufig erst nach vielen Jahren. Die besondere Schwierigkeit besteht daher darin, einem Patienten, bei dem eine Indikation für eine Behandlung besteht, den richtigen Rat zu geben, welche der Behandlungen durchgeführt werden sollte. In grossen Zentren mit viel Erfahrung wie in Essen werden unter Umständen auch mehrere der 3 vorbeschriebenen Behandlungsoptionen miteinander kombiniert, um eine möglichst sichere Behandlung für die Patienten zu ermöglichen. Die dabei am Häufigsten gewählte Sequenz ist der initiale Versuch eines kompletten Verklebens der Fehlbildung. Sollte dies nicht möglich sein, sollte man danach eine zeitnahe Operation empfehlen.

Kompletter Verschluss des Angioms

In jedem Fall ist bei einer Behandlungsindikation zu versuchen, das Angiom komplett zu verschließen. In einer sehr großen, beachteten, internationalen Studie wurde nachgewiesen, dass insbesondere bei noch nicht gebluteten Angiomen die Behandlung von Angiomen unter Umständen ein ungünstigeres Ergebnis für die betreffenden Patienten bedeutet als ein Abwarten ohne eine Behandlung. Insbesondere konnte in dieser Studie aber auch gezeigt werden, dass Angiome, die (noch) nicht komplett verschlossen sind, nach einem Beginn der Behandlung häufiger bluten als solche, die nicht „anbehandelt“ wurden. Diese Studie ist unter dem Akronym ARUBA publiziert.

Flussabhängige Aneurysmen

Selten haben Angiome in den zuführenden Gefäßen sogenannte flussabhängige Aneurysmen. Diese bedeuten eine zusätzliche erhöhte Blutungsgefahr für die Patienten. Daher raten wir im Prinzip allen Patienten, die in unsere Sprechstunde kommen, um zu fragen, wie mit einem zufällig gefundenen Angiom umgegangen werden sollte, dass sie einmalig eine cerebrale Angiographie (Gefäßdarstellung der Hirngefäße) durchführen lassen, um auszuschließen, dass entsprechende flussabhängige Aneurysmen bestehen. Sollte es zur Diagnose von sogenannten flussabhängigen Aneurysmen kommen, würde man diesen Patienten in vielen Fällen raten, dass ggf. nur die flussabhängigen Aneurysmen behandelt werden sollten.

Spezialsprechstunde für Gefäßfehlbildungen